Schicksal und Selbstbestimmtheit
Kritische Hinterfragungen der Astrologie hinsichtlich Themen wie Determinismus, Schicksalszwang, Kausalität, Freiheit, sind keine Erfindung der Neuzeit, sondern wurden schon in Rom, im ersten und zweiten vor-christlichen Jahrhundert diskutiert. Damals waren es die Stoiker, die den Begriff der Heimarmene entwickelten. Einer der bekanntesten Vertreter der Stoa, Seneca, interpretierte den Schicksalsbegriff wie folgt: „Wer die Erkenntnis seiner Bestimmung besitzt und im Einklang mit den kosmischen Notwendigkeiten handelt, der ist eigentlich frei, und übernimmt souverän die ihm aufgegebenen Verpflichtungen“.
(aus: Stuckrad: Geschichte der Astrologie).
Wir sind also im Rahmen dessen, was uns das „Schicksal“ mitgegeben hat, frei und eigenverantwortlich unser Leben zu bestimmen. Wenn wir geboren werden, sind wir demnach kein unbeschriebenes Blatt, sondern bringen spezifische Temperamente mit, die uns auf das Vorhandene auf eine bestimmte (= uns vorbestimmte?) Art reagieren lassen. Wir interpretieren die Welt um uns herum innerhalb der eigenen subjektiven Wahrnehmung. Schicksal ist all das, was wir nicht selbst bestimmen können: die Zeit, in die wir geboren werden samt ihrem Zeitgeist, die Umgebung, das Elternhaus, die Ressourcen, die zur Verfügung stehen, die Nationalität und nicht zuletzt auch unser Aussehen und die körperlichen Merkmale. Die eigene Bestimmtheit und Veranlagung kann sich inerhalb der gegebenen Struktur, in die wir hinein geboren werden, ihrer Anlage gemäß entfalten und entwickeln. Dieses Potential ist im Horoskop ersichtlich und kann gedeutet werden. Der Motor, der uns antreibt und unser Verhalten bestimmt, ist oft weniger die Vernunft, als ein inneres Getrieben sein und angeborene Verhaltensmuster, oder wir folgen Wegen, die uns unsere Begabungen weisen. Erst die Kenntnis unserer Anlagen und das Wissen um ihren Einfluss auf unsere Entscheidungen, führen zur Willensfreiheit. Ein Weg dazu ist die Kenntnis des eigenen Horoskops.