Klassische Astrologie
Beratung & Unterricht

Die Würden der Planeten

 Jede astrologische Deutung setzt die Kenntnis der essentiellen und akzidentellen Würden der Planeten voraus. Ihre Stellung in Haus und Zeichen allein gibt keine Auskunft darüber, ob ein Planet sein Versprechen verwirklichen kann oder nicht.

Wer, wie ich, stundenastrologisch arbeitet, kommt an einer fundierten Kenntnis über die Würden der Planeten nicht vorbei. Zu Lilly’s Zeiten (17.Jh.) mussten die Studierenden der Astrologie zuerst die Stundenastrologie lernen, bevor sie sich an die Geburtsastrologie wagen durften. Der Grund ist einfach: wer in der Stundenastrologie die Würden der Planeten begriffen hatte, konnte sie auch in der Geburtsastrologie problemlos anwenden.

Die klassischen sieben Planeten bilden den gesamten Erfahrungshorizont ab. Als Planeten-Götter stellen sie der Menschheit ihre Dämonen zur Seite, die als die  „Werkzeuge“ göttlicher Kräfte Entwicklung und Wachstum gewährleisten, sowohl in Richtung einer göttlichen Vollkommenheit als auch bezogen auf das irdische Leben. Dieses Bild mag antiquiert sein, es beschreibt jedoch auf einfache Weise die Vielfältigkeit planetarer Deutung. Und diese in ihrer Ganzheit zu verstehen, ist das eigentliche Geheimnis astrologischer Arbeit. Welche Dämonen unsere inneren Planeten-Götter für uns bereithalten, ist auf wunderbare Weise im Horoskop ablesbar, wenn wir die Planeten in ihrer Würde verstanden haben.

Es waren die Würden der Planeten, die mir wie eine Offenbarung logisch und erklärbar machten, was sich bis dahin mehr willkürlich anfühlte. Die klassische Betrachtung der Planetenenergien führte mich zu einem tieferen Verständnis für ihre Symbolkraft. Die Planeten in ihrer Würde zu betrachten führt in der Geburtsastrologie zu Evidenz, in der Stundenastrologie sind sie unverzichtbarer Bestandteil der Deutung.

Je mehr Würde ein Planet hat, je zuverlässiger kann er handeln. Die essentiellen Würden ergeben sich aus der Stellung der Planeten in ihren Tierkreiszeichen. Dort sind sie hierarisch gestaltet. Die höchsten Würden sind das Domizil und die Erhöhung, danach kommen (in dieser Reihenfolge) Triplizität, Grenze und Dekanat.

Stärke ließe sich nicht messen, gäbe es nicht auch die Schwäche. Ein Planet steht essentiell schwach in seinem Exil – gegenüber dem Domizil, und in seinem Fall – gegenüber der Erhöhung.

Die akzidentelle Würde eines Planeten spielt sich dagegen auf der Häuserebene ab. Hier findet die Feinjustierung statt, mit der wir Handlungskraft und Motivation bestimmen.

Domizil

Das Domizil ist selbsterklärend. Da, wo ich zu Hause bin, kann ich ganz ich selbst sein, bin König in meinem Reich und kann tun und lassen wie es mir gefällt. Ein Mond in Krebs kann seine Fähigkeiten zu reflektieren und seine Empfindsamkeit hier bestens ausleben. Im Horoskop zeigt mir eine Planetenstellung im Domizil, dass der Planet Kraft zum Handeln hat und sein Versprechen verwirklichen kann.

Erhöhung

Auch die Erhöhung ist eine starke Würde. Der Planet befindet sich in einer ihm zugewandten Umgebung, wie ein Mensch inmitten seiner Freunde, die ihn wertschätzen, oder als Ehrengast im Hause eines anderen, wo er Respekt und Anerkennung erfährt. Sein Stellenwert ist hoch, doch auch im Hause meiner besten Freunde halte ich mich an die dortigen Spielregeln und kann nicht machen, was ich will. Planeten in der Erhöhung zeigen stundenastrologisch sehr oft an, dass ich eine Sache oder eine Person überschätze.

Triplizität

Mit dem Begriff Triplizität werden die drei Tierkreiszeichen eines Elements zusammengefasst. Jedes Tierkreiszeichen (TKZ) wird einem der Elemente Wasser, Erde, Luft und Feuer zugeordnet. Wir haben im Horoskop 12 TKZ, die in 4 Elemente unterteilt werden. Somit gibt es jeweils drei Wasser-, drei Erd-, drei Luft- und drei Feuerzeichen.

Planeten sind besser gestellt und können besser wirken, wenn sie in ihrer eigenen Triplizität stehen. Sie sind buchstäblich „in ihrem Element“. Dabei unterscheiden wir zwischen Tag- und Nachthoroskopen und ordnen Folgendes zu:

Tabelle:

Triplizität

Tag

Nacht

teilhabend

Feuer

Sonne

Jupiter

Saturn

Luft

Saturn

Merkur

Jupiter

Erde

Venus (Merkur)

Mond

Mars

Wasser

Venus   (Mars)

Mars

Mond


 

Es gibt verschiedene Auslegungen dieses Systems, auf die ich an dieser Stelle nicht weiter eingehen werde. Je nachdem, ob es sich um eine Tages- oder Nachtgeburt handelt, wird der eine oder andere Planet zum vorrangigen Herrscher der Triplizität. Feuer- und Luftzeichen sind männlich und werden von den Tagplaneten regiert, Wasser- und Erdzeichen sind weiblich und werden entsprechend von den Nachtplaneten regiert. Ausnahme auch hier Merkur, der ewige Twitter, der im Luft-Trigon über die Nacht herrscht.

Es gibt gemischte Würden, die sich gegenseitig auszuschließen drohen. So ist Mond im Skorpion in einem Nachthoroskop sowohl im Fall als auch in seiner Triplizität. Venus in Taghoroskopen erfährt das gleiche Schicksal in der Jungfrau stehend. Dort steht sie im Fall und in ihrer Triplizität. Hier gilt es jeweils abzuwägen. Gemischte Würden spiegeln Ambivalenz wider und zeigen, dass das Leben nicht schwarz – weiß ist, sondern sich auch im negativen Gutes finden lässt und jeder Freude auch ein Tröpfchen Bitteres beigemischt sein kann.

Termini (Grenzen)

Die Grenzen sind ungleich große Unterteilungen eines Tierkreiszeichens in fünf Bereiche, die jeweils einem der fünf sichtbaren Planeten zugeordnet wird. Sonne und Mond erhalten keine Grenzen.

Die Grenzen gehörten schon in vorhellenistischer Zeit zum System planetarer Würden und wurden teilweise stärker bewertet als die Triplizität. Bekannt sind verschiedene Einteilungen der Grenzen, am gebräuchlichsten sind die sogenannten „ägyptischen“ und die „ptolemäischen“ Grenzen.

Ein Planet in der Grenze eines anderen Planeten erhält von diesem Unterstützung. Er verhält sich wie ein Mensch bei seinen Eltern oder Verwandten, oder bei Freunden, die ihn lieben.

Dekanat (Gesicht)

Ein Dekanat unterteilt  ein Tierkreiszeichen in jeweils drei Abschnitte zu je zehn Bogengraden und ordnet jeder Sequenz ein Herrscherplanet zu. So herrscht im Zeichen Widder Mars über die erste Dekanate, Sonne über die zweite und Venus über die dritte. Das Dekanat ist eine eher geringe Würde, die in der Stundenastrologie keine Rolle spielt. In der Geburtsastrologie kann sie jedoch ihren Teil zur Gewichtung der Planetenstärke beitragen.

Exil

Im Exil stehend ist der Planet am weitesten von zu Hause entfernt und dadurch geschwächt, d.h. er kann sich nicht seiner Natur entsprechend äußern. Der Horoskopeigner kann diese Planetenkraft nicht adäquat zum Ausdruck bringen. Im Stundenhoroskop zeigt ein Planet im Exil, je nach Fragestellung, eine eher ungünstige Entwicklung an.

Ähnlich verhält es sich bei Planeten, die im Fall stehen. Während wir bei der Erhöhung die Dinge oft besser beurteilen als sie sind, finden wir bei Planeten im Fall die Dinge oft negativer beurteilt als tatsächlich notwendig wäre.

Es gibt noch mehr, das einen Planeten stärken oder schwächen kann:

Peregrin (von „peregrinus“ = fremd)

Steht ein Planet in einem TKZ, an dem er keine einzige Würde hat, gilt er als peregrin. Er ist ein Fremder in der Fremde und auf die Gunst anderer angewiesen. Dies ist eine schwache Position, aus der heraus keine Handlungsfähigkeit resultiert, es sei denn, er steht in Rezeption mit einem Planeten, der in diesem TKZ Würde hat.

Die Verbrennung oder unter den Strahlen der Sonne sind akzidentelle Schwächen der Planeten, die in der Stundenastrologie entscheidend für die Antwort sein können. Planeten in Sonnennähe können nicht gesehen werden, weil die Sonne sie überstrahlt. In der Geburtsastrologie fehlt uns die Planetenenergie, d.h. sie ist nicht direkt zugänglich und wahrnehmbar. In der Stundenastrologie zeigt ein verbrannter Signifikator dass wir etwas nicht sehen können oder wollen, oder dass ein verschwundener Gegenstand derzeit nicht auffindbar ist, weil verdeckt.

Akzidentell gestärkt wird ein Planet durch seine Stellung im Eckhaus, durch Aspekte zu den Wohltätern Venus und Jupiter, oder wenn er im Herzen der Sonne, also Cazimi steht.

Akzidentell geschwächt werden Planeten durch Rückläufigkeit, Belagerung oder Aspektierung durch Übeltäter oder in Konjunktion mit den absteigenden Mondknoten.

Ein Planet kann sehr viel essentielle Würde haben, wenn er in einem schwachen Haus steht, diese aber nicht umsetzen. Umgekehrt kann ein Planet mit wenig essentieller Würde durch die Hausstellung im Eckhaus oder im Haus seiner Freude positive Wirkkraft haben. Die Kombinationsmöglichkeiten sind vielfältig wie das Leben selbst und gleichzeitig erkenntnis-stiftend für alle astrologischen Deutungen.




Im Meridian 5/19 erschien mein Artikel über

Die Triplizitat


eine klassische Deutungsmethode, die zu Unrecht etwas aus der Mode gekommen ist, denn sie trägt bei der Horoskopanalyse wesentlich zu einem  vertieften Verstehen astrologischer Zusammenhänge bei und   bietet  eine Vielzahl neuer Aha-Erlebnisse. Wie man Triplizität sinnvoll in der Radixdeutung sowie in der Stundenastrologie anwenden kann, zeige ich in diesem Artikel anhand einiger Beispiele.


https://meridian-magazin.de/195/

https://sternwerkstatt.de/artikel/195-52/